Sonntag, 29. Dezember 2013

#buchstöckchen 5

Frage 5: In welchem Buch würdest Du gern leben wollen?
Antwort 5: Ich lebe seit vielen Jahren in vielen Büchern, nicht nur in denen, die ich selber schreibe, und nicht nur freiwillig. Ein Buch kann auch ein Gefängnis sein. Ich sehe keinen Vorteil darin, hinter Gittern zu leben. Es ist viel empfehlenswerter, unter einem Tisch, in einem Baumhaus oder auf einer Hallig zu leben. Momentan lebe ich (wieder - zum wievielten Mal?) in etwa zwanzig polnischen Romanen von Tadeusz Konwicki, weil ich etwas über sie schreiben möchte, was noch niemand geschrieben hat. Weil ich Welten aus diesen Texten herauslese, die niemand sonst herausliest. Ich suche zum Beispiel meinen Korpus (ich besitze ihn, Gott und der Technik sei's gedankt, elektronisch) nach dem architektonischen Begriff "weneckie okna" (dreiteiliges Fenster) ab und finde ihn zweimal, in zwei verschiedenen Romanen, aber in derselben Landschaft. Aber der trumeau - "lustro tremo" (Pfeilerspiegel) taucht dreimal auf in den Tr(R)äumen der erzählten Kindheit. Lesen ist das nicht, leben auch nicht. Sondern Schwerstarbeit. Denken. Deuten. Detektivarbeit. Kombinieren. Imaginieren.

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