Wir reparieren einen etwa Tausend Jahre alten Steinsarg. Die eine Seitenwand ist herausgefallen und in zwei ungleiche Teile zerbrochen. Der Stein ist schwer. Verwittert, grünlich, auf den Liegeflächen bräunlich. Er wurde sicherlich irgendwann freigespült. Als Ganzes oder in den zwei ungleichen Hälften. Die halbe Kirche kam irgendwann in Einzelteilen auf die Hallig, durchs Watt geschleppt von Frauen. Nach der großen Mandränke ließen sich die Menschen, die es sich leisten konnten, in Steinsärgen begraben. Sie hofften, so nicht von der nächsten Sturmflut aufgeweckt zu werden - und wurden es doch. Die Steinsärge, die nicht auf dem Halligfriedhof stehen, werden als Viehtränke genutzt. Auch daran ist nichts verwerfliches. Die Deckel sind nicht mehr aufzufinden. Die wurden anderweitig recycled, als Geh- oder Fahrwegplatten. Die Pastorin begleitet unser Tun sowie ein Tourist. Sie betet, er naseweist. Wir verkleben die Bruchstellen mit Fugenkleber. Morgen, wenn er trocken und hart ist, füllen wir die übriggebliebenen Leerstellen mit Muschelkalk. Wir arbeiten konzentriert und routiniert, ein eingespieltes Team, als hätten wir in unserem ganzen Leben nie etwas anderes getan.
http://halligkirche.de/de/content/halligkirche.html
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