Donnerstag, 19. Februar 2015
Die teuflische Kaiserinwitwe
Heute feiert der größte Teil der Menschheit Frühlingsfest, in Asien beginnt das Jahr der Ziege oder des Schafs. Warum das nicht klar ist, weiß ich nicht. Für mich besteht ein Unterschied zwischen Ziege und Schaf. Bald werden die Osterlämmer geboren ... Für die Chinesen nicht.
In den letzten Tagen soll es zu einem wahren Baby-Boom in Asien gekommen sein. Wer konnte, holte sein Kind noch im Jahr des Pferdes per Kaiserschnitt aus dem Bauch, bevor das unglückselige Jahr des Schafs begann. Neun von zehn im Jahr der Ziege Geborenen sollen unglücklich werden. Sagt nicht die Statistik, sondern die Legende. Und der Aberglaube gründet ausgerechnet auf der machtlüsternen und intriganten Kaiserinwitwe Ci Xi, die im Jahr des Schafs geboren war.
Zum chinesischen Neujahr wünsche ich Glück und den Segen aller Drachen und sonstiger guten Geister - mit meiner literarischen Hingabe an Ci Xi:
„Ja, dieser Li war ein Tausendsassa!“, rief sie begeistert. „Ihm gelang es sogar, die teuflische Kaiserinwitwe Ci Xi zu täuschen. Sie wissen doch, Miss Caroline, dass die chinesischen Geschichtsschreiber, wenn es um die Macht der Frauen geht, am liebsten schweigen. Ci Xi ließ nicht nur ihren eigenen Sohn ermorden, sondern auch dessen amtliche Mutter, die Stiefmutter, die unglückliche Hauptfrau des Kaisers, die keine Kinder bekommen konnte. Und vielleicht sogar den Kaiser selbst! Diese machtbesessene Konkubine war die Tochter eines minderen mandschurischen Beamten. Lan war sein Name. Lan war so arm, dass er seinen Kindern keine Namen geben konnte. Er nummerierte sie bloß. Ci Xi hieß eigentlich Lan Er, Lan zwei, das zweite Kind von Lan. Können Sie sich so etwas vorstellen, Miss Caroline?“
[Judith Arlt, Die Welt war schneller als die Worte, Achter Verlag 2014, S. 83-84]
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