Samstag, 8. Dezember 2012

Der Matilda-Effekt

Der Matilda-Effekt ist die Kehrseite des Matthäus-Effekts. Und umgekehrt. Wie das Kehrseiten so an sich haben. Der Matilda-Effekt ist ein Begriff aus der Geschlechterforschung. Der Matilda-Effekt ist ein Genderproblem. Frauen kennen ihn seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Männer (die Bibel, die Evangelisten) versuchen ihn natürlich zu verdrängen. Der Matilda-Effekt ist benannt nach der amerikanischen Frauenrechtlerin Matilda J. Gage, die als erste das Phänomen nicht nur erkannt, sondern auch beschrieben hatte: Das systematische Verdrängen und Leugnen der Beiträge von Wissenschaftlerinnen in der Forschung. Das selbstverständliche Übertragen der fachlichen Verdienste ihrer Arbeit auf männliche Kollegen.
In der Kunst sieht es übrigens nicht besser aus. Man denke nur an Brecht, Schumann und andere. Hopper zum Beispiel. Verstärkt wird der Matilda-Effekt durch persönliche Beziehungen, unter nicht gleichberechtigten nicht gleichgeschlechtlichen Konkurrenten wie Vater - Tochter, Bruder - Schwester, Ehemann - Ehefrau, Geliebter - Geliebte usw.
Der Matilda-Effekt illustriert die zweite Hälfte des Zitats aus dem Matthäus-Evangelium: ... wer aber nicht hat, dem wird auch das, was er hat, genommen werden. (Mt 25,29). Wäre die Bibel empfänglich für die Genderproblematik, hätte sie beispielsweise auch nur eine einzige Autorin (Evangelistin) unter ihren Lieferanten, dann würde die die Dinge auch sprachlich auf den Punkt bringen können: ... die aber nicht hat, der wird auch das, was sie hat, genommen ...

1 Kommentar:

  1. Margaret W. Rossiter, die den Begriff prägte, überlegt in dem Artikel darüber auch, ob nicht etwa Priszilla (von Priszilla und Aquila) Namensgeberin sein könnte, da sie als – ebenso verschwiegene und verdrängte – Evangelistin gelten muss.
    Matilda Joslyn Gage hat übrigens auch eine feministische Umschrift der Bibel mitbetrieben, The Woman's Bible! :D

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