„Der Handschlag der Tide regelt das
Leben der Frau im Watt. Auf Wasser kann sie sich verlassen. Der Tidenstrom
pendelt wie eine Stockuhr durch ihre Pfahlbauhütte. Unverwüstlich. Höflich mit
Handkuss. Stur im Auf und Ab. Der Sonnenaufgang hingegen ist launisch und
Seenebel sind hinterlistig.
Oonagh hört den Stillstand der Gezeit
und presst Faschinen zwischen die brusthohen Pfähle. Sie befestigt sie mit
Spanndraht. Die Alltagswellen beruhigen sich an den Lahnungen und verrennen
sich nicht in die Halligkante. Das Springhochwasser ist ein Durchzügler wie der
Steinwälzer. Sobald die Flut gesättigt ist, löst die Ebbe sie ab. Anders der
Mond. Die Halligfrau wacht über störungsanfällige Koloniebrüter. Bei
Seichtwassertide seihen die Löffler das flache Wasser mit pendelnden Kopfbewegungen.
Oft verschwindet das Licht unvermutet aus dem Tag. Nie aber fehlt der Scheitelpegel,
oder zu Ostern die gefräßigen Ringelgänse. Auch Goldregenpfeifer und
Grünschenkel erscheinen pünktlich zum Appell auf der Salzwiese.“ (© Judith Arlt
2017)
Das Jahr 2016
verbrachte ich als Halligschreiberin auf Hallig Hooge und schrieb dort an meiner topologischen Autobiografie „Handschlag der Tide“. Dies ist ein langangelegtes
Prosaprojekt, das sich nur am Schauplatz des Erlebten orientiert und fast ganz
ohne handelnde Personen auskommt. Zwei entgegengesetzte Landschaften bilden
das Zentrum des Textes: die Glarner Alpen und das Wattenmeer. Der Mensch
existiert darin höchstens als ein randständiges, wetterleuchtendes Element.
Eintritt: 8 €, ermäßigt 4 €, im
Vorverkauf 7 € bzw. 3,50 €
Vorverkauf: 04832 – 4104
Veranstalter: Peter Panter Buchladen
und Unternehmen Leselust – Förderverein der Stadtbücherei Meldorf e.V.
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