In den ersten Märztagen des Jahres 2005 machten wir, W. und ich und eine lokale Regenwaldspezialistin einen Spaziergang durch den Regenwald auf der Insel Maui oberhalb von Lahaina.
An Einzelheiten der Führung kann ich mich nicht mehr erinnern, nur an die angenehme Kühle und Feuchte und an das verschattete Licht und den Geruch nach frischer Erde. Und daran, dass W. eine Frage stellte, welche die Botanikerin dermaßen verblüffte, dass es ihr für einen Moment die Sprache verschlug. Darüber, sagte sie dann, heftig atmend vor Aufregung, habe sie sich noch nie im Leben Gedanken gemacht.
Irgendwo in diesem Wald pflückte ich wahrscheinlich eine Blume. Wahrscheinlich unerlaubterweise. Wahrscheinlich unbemerkt von der Botanikerin, die längst wieder zurückgefunden hatte zu ihrer flüssigem Rede. Genau weiß ich das nicht mehr. Aber ich brachte von dieser Reise, die mich noch weit durch die Welt führte, fünf kleine schwarze glänzende Kugeln mit nach Hause. Damals waren wir noch in Berlin zu Hause. Es mussten Samen von jener Blume sein, an die ich mich überhaupt nicht mehr erinnern kann. Weder an ihr Aussehen, noch an ihre Farbe, geschweige denn an den Geruch. Ob er betäubend war oder nicht. Ich weiß es nicht.
In Berlin war mir weder in jenem noch in zwei darauffolgenden Sommer danach zumute, unseren Balkon am Engelbecken zu bepflanzen.
Im ersten Frühjahr am Wattenmeer kamen die schwarzen Kügelchen plötzlich wieder zum Vorschein. Und mit ihnen das Bild vom Regenwald auf Maui über Lahaina. Ich steckte jedes in einen Blumentopf mit frischer Blumenerde. Die Töpfe stellte ich auf den Fenstersims im Wohnzimmer, da alle Nachbarn und die Bauern und Blumenverkäuferinnen auf dem Markt mich davor warnten, irgendetwas vor dem 15. Mai in den Garten hinaus zu pflanzen.
Inzwischen ist der August fast um. Ich habe meine Mauipflanzen bereits zweimal umgetopft und werde sie bald ein drittes Mal umtopfen müssen, so sehr drängen die Blätter nach oben und die Wurzeln in den Boden. Die ungestümen Pflanzen in die Erde im Garten einzupflanzen, wage ich nicht. Ich fürchte, sie werden an der Nordsee kaum einen Winter überstehen. Ich weiß schon, wo sie bei mir im Haus unterkommen, sobald es kalt wird.
Aber ich weiß nicht, was ich da eigentlich großziehe.
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