Freitag, 16. September 2016

Das Mutterleid

Die Handvoll Kühe, es sind ihrer sechs, die vor meinem Fenster verblieben sind, schreien die ganze Nacht nach ihren Kälbern, die man ihnen gestern weggenommen hat. Solo oder Duett, Trio, Quartett, Quintett oder Sextett, von basso bis controtenore, im Einklang betrübt, im Zwiespalt murrend, um die Wette brüllend. Unermüdlich. Aber vergeblich!
Angeblich dauert das Vergessen bei Wiederkäuern zwei Tage. Jetzt, eine Stunde vor dem ersten einsamen Sonnenaufgang, treibt ein Hundeausführer sie weg von meinem Fenster hinaus auf die Fenne. Mit welchem Recht? Sie sind die ganze Nacht natürlich an der Stelle stehen geblieben, an der die Trennung stattgefunden hat. Am elektrischen Zaun. Die Klagen entfernen sich, hören aber nicht auf.
(c) DHahn - Mutterglück









Dieses Bild stammt aus kuhglücklicheren Tagen.

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