Freitag, 17. Februar 2012

Relativitätstheorie

Heute vor einem Jahr gründete ein Student das GuttenPlag Wiki (zur Erinnerung, immer noch online: http://de.guttenplag.wikia.com/wiki/GuttenPlag_Wiki ). Die Plagiatsaffäre um den ehemaligen Verteidigungsminister dauerte vom 16. Februar (erster Bericht in der SZ über Plagiatsvorwürfe, die ein Rechtswissenschaftler der Universität Bremen erhob) bis zum 1. März 2011 (Rücktritt von allen politischen Ämtern). Unglaublich (aus heutiger Sicht) - ganze vierzehn (14) Tage! Dabei sitzt doch noch im Hinterkopf die Erinnerung, damals sei die Sache überfällig, überreif gewesen und hätte längst faulig gerochen.
Aber Karl Theodor zu Guttenberg machte ganz flott Schluss.
Der Ex-Bundespräsident, Christian Wulff, hingegen brauchte für seine Entscheidung über zwei Monate. Seine causa, die nun wirklich ALLEN seit Tagen, Wochen zu den Ohren raushängt, dauerte vom 13. Dezember bis gerade eben, 11 Uhr MEZ. Siebenundsechzig (67) Tage! Zum Rücktritt bewogen hat ihn nicht das eigene Einsehen, auch keine Demut - sondern der Antrag der Staatsanwaltschaft Hannover auf Aufhebung der Immunität des Staatsoberhauptes.
Zum Vergleich: Margot Käßmann rauschte in der Nacht von Samstag, dem 20., auf den Sonntag, den 21. Februar 2010, damals noch als Bischöfin und EKD-Vorsitzende, mitten in der Fastenzeit, alkoholisiert bei Rot über eine Kreuzung. Und wurde von der Polizei erwischt. Die Presse bekam schnell Wind. Vier Tage später, am Mittwoch, 24. Februar 2010 trat Frau Käßmann von allen Ämtern zurück. Ihr Entschluss reifte offenbar bereits in jener fatalen Nacht. Auch die Einsicht. Und die Demut. Sie wollte, angeblich, ihren Rücktritt gleich am Montag früh bekannt geben.
Oder: Der Vorgänger des Ex-Bundespräsidenten Wulff, Horst Köhler: Gab ein Interview, in dem er er sich unglücklich zu den Auslandseinsätzen der Bundeswehr äußerte. Geriet erst Tage später ins Trommelfeuer der Kritik. Berief am 31.5.2010 eine Pressekonferenz ein. Seit der Ausstrahlung des (Radio-)Interviews war eine gute Woche vergangen. Und erklärte den verdutzten Journalisten seinen sofortigen Rücktritt. Punkt. Damit hatte damals NIEMAND gerechnet. Köhler hatte sowohl die Politik wie die Presse überrumpelt. Ein gelungener Coup. Horst Köhler verließ sein Rednerpult erhobenen Hauptes, Hand in Hand mit seiner Gattin.
Das kann man von Christian Wulff nicht sagen.

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