Donnerstag, 4. März 2010

Windstärken und Wasserberge

Wir taten gut daran, gestern vormittag im Dauerregen Barcelona schleunigst zu verlassen. Denn danach bildeten sich vor der spanischen und der französischen Mittelmeerküste extrem heftige Sturmwirbel.
Grund dafür war ein Sturmtief, dessen Haupttiefdruckgebiet eigentlich vor der portugiesischen Küste lag, wie heute die auf Seewetter spezialisierten Meteorologen melden. Ein Teiltief habe sich mit kleinen, aber kräftigen Wirbeln über den Balearen gebildet. In der Nähe von Marseille wurden Orkanböen gemessen. Also Windstärke 12. Und bei Korsika wirbelte das Tief gegen den Uhrzeigersinn. Aus dem Rhonetal stieß der Mistral dazu. Der Wind tobte mit bis zu 100 Stundenkilometern auf dem Meer zwischen dem Golf von Lyon und den Balearen.
Wir waren längst in der Sonne über Norddeutschland angekommen, als vor der spanischen Küste riesige Wasserberge ein zyprisches Kreuzfahrtschiff trafen und es mit kaputten Scheiben auf dem fünften Deck, einem verwüsteten, überfluteten Salon, zwei Toten und mindestens 14 Verletzten zur Umkehr in den Hafen von Barcelona zwangen.
"Auf einer Strecke von 600 bis 700 Kilometer konnten sich die Wellen hochschaukeln", vermuten Experten für Seegang ohne den genauen Mechanismus von Monsterwellen zu kennen. Sie klassifizieren sie nach Erscheinungsform in "Kaventsmänner", "Drei Schwestern" oder "Weiße Wand".
Monsterwellen, lese ich, sollen "ähnlich chaotischen Gesetzen" gehorchen wie Börsencrashs oder Erdbeben. Einer anderen Theorie zufolge könnten sie entstehen, wenn Wolken im Gleichtakt mit den Wellen über dem Wasser schaukeln. Die unter Wolken übliche Thermik schubse dann womöglich die Wogen rhythmisch an. Hört sich irgendwie zu nett an. Logischer scheint mir die Regel, dass auf dem offenen Meer die Wellen durch den Wind entstehen. Das kann ich täglich an der Küste bei auflaufendem Wasser beobachten: Der Wind wirft die Wellen auf. Es entstehen kleinere und immer größere Wellen. Sie entwickeln sich. Die Wellen werden länger in ihrer Wellenlänge und höher in ihrer Amplitude. Also ist der Wind der entscheidende Faktor, der die Kraft ins Wasser bringt, die Wellen produziert.
Wellenforscher sagen, das gehe erstaunlich schnell. Innerhalb einer halben Stunde können Wellen ein bis zwei Meter hoch werden, nach etwa sechs Stunden sechs bis acht Meter. Das Zerfallen von Seegangsenergie hingegen vollziehe sich relativ langsam. Forscher verfolgen "Energiepäckchen" um den halben Erdball. Sie entstehen in der Antarktis, wandern über den Pazifik und werden noch in Alaska gemessen. Bei hohen Windgeschwindigkeiten und ausreichend freier Fläche entstehen entsprechend große Wellen. Die Wellen werden nie so schnell wie der Wind, sagen die Fachleute, können aber bei Orkanwindstärken schon mal "mit mehreren Dutzend Kilometern pro Stunde übers Wasser rasen". Satelliten entdeckten in den vergangenen Jahren Monsterwellen in allen Weltmeeren. Erst wenn eine Welle doppelt so hoch ist wie der Durchschnitt, sprechen die Experten von einer Monsterwelle. Bei schwerer See, einem mittleren Seegang von zwölf Metern, sind das 24 Meter. Wenn sich alles schön fügt, werden sie bis zu 40 Meter hoch.

Ich trete in meinen schnee- und sturmfreien Garten hinaus und hänge Wäsche auf.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen